- Kohlenhydrate und Stereochemie
- Die Spiegelbildisomerie
- Die Fischer-Projektion
- Unterscheidung spiegelbildisomerer Substanzen
- Beispiel
- Racemat
- Trennung eines Racemats
- Verbindungen mit mehreren Asymmetriezentren
- Kohlenhydrate
- Definition
- Glucose
- Die Ringstruktur der Glucose
- Die Mutarotation der Glucose
- Fructose
- Furanoseform
- Umlagerung in die Glucose
- Maltose
- Cellobiose
- Saccharose
- Stärke
- Amylose
- Amylopektin
- Cellulose
Kohlenhydrate und Stereochemie
Die Spiegelbildisomerie
Spiegelbildisomerie, oder auch Enantiomerie, tritt auf, wenn sich Bild und Spiegelbild eines Gegenstands nicht zur Deckung bringen lassen. Voraussetzung für das Auftreten der Enantiomerie ist Chiralität, d.h. ein Kohlenstoffatom ist asymmetrisch. Dies ist der Fall, wenn es mit vier verschiedenen Substituenten verbunden ist.
Ein weiteres Beispiel eines spiegelbildisomeren Moleküls ist Glycerinaldehyd (2,3-Dihydroxypropanal). Es besitzt an seinem zweiten Kohlenstoffatom ein Asymmetriezentrum. Dadurch kann es in zwei Formen vorliegen:
Die Fischer-Projektion
Neben dieser waagrechten Projektion gibt es die sogenannte Fischer-Projektion. Bei dieser gibt es folgende Regeln zu beachten:
- Vertikale Anordnung der Kohlenstoffkette
- Kohlenstoffatom mit der größten positiven Ordnungszahl steht oben
- Die horizontalen Bindungen am Asymmetriezentrum ragen aus der Papierebene heraus, die vertikalen zeigen in die Papierebene
Nach diesen Regeln wird das Glycerinaldehyd wie folgt dargestellt, wobei man zwischen dem D-Glycerinaldeyhd und dem L-Glycerinaldeyhd unterscheiden kann, je nachdem, ob die funktionelle Gruppe am Asymmetriezentrum auf der rechten bzw. linken Seite steht:
Unterscheidung spiegelbildisomerer Substanzen
Enantiomere besitzen die gleichen physikalischen Konstanten wie Siede- und Schmelztemperatur, Dichte und zeigen die gleiche chemische Reaktionsfähigkeit. Sie unterscheiden sich nur dadurch, dass sie die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht zwar um den gleichen Betrag jedoch in entgegengesetzte Richtung drehen. Man sagt, dass sie eine optische Aktivität zeigen.
Der Drehwinkel $\alpha$ ist dabei kongruent zu dem Produkt aus der Länge der durchstrahlten Küvette und der Dichte der Lösung.
\begin{array}{rll} [\alpha]_D^{20} & : & \small{\text{spezifischer Drehwinkel einer Substanz, gemessen bei 20\,}^\circ\text{C und}}\\
& & \small{\text{mit gelbem Licht (D-Linie) einer Natrium-Dampflampe (}\lambda\text{ = 589 nm)}} \\
d & : & \small{\text{L\"ange der durchstrahlten K\"uvette (in dm)}} \\ \rho^* & : & \small{\text{Dichte (Verh\"altnis zwischen der Substanz (g) und der L\"osung (cm}^3\text{))}} \end{array} $$
Sie werden als rechtsdrehend (+), wenn sie die Schwinungsebene im Uhrzeigersinn drehen, oder als linksdrehend (-), wenn sie die Schwingungsebene gegen den Uhrzeigersinn drehen, bezeichnet. Dabei blickt man in Richtung der Lichtquelle. Die Position der asymmetrischen Gruppe ist unabhängig von der Drehung; sie ist damit nur experimentell bestimmbar.
Beispiel
D-Glycerinaldehyd zeigt eine optische Aktivität von $[\alpha]_D^{20} = +\,14\,^\circ$, weshalb sie als D-(+)-Glycerinaldehyd bezeichnet wird. L-Glycerinaldehyd heißt entsprechend L-(-)-Glycerinaldehyd, da hier eine optische Aktivität von $[\alpha]_D^{20} = -\,14\,^\circ$ vorliegt.
Racemat
Ein Gemisch, das von jedem Enantiomeren gleich viele Moleküle aufweist, wird als Racemat bezeichnet. Es ist optisch inaktiv, weil die Drehung, die durch ein Molekül des einen Enantiomers hervorgerufen wird, durch eine gleich große, entgegengesetzte Drehung eines anderen wieder aufgehoben wird. Man spricht von einer intermolekularen Kompensation.
Ein Racemat entsteht immer dann, wenn eine optisch aktive Substanz aus einer optisch inaktiven Substanz hergestellt wird. Dies ist zum Beispiel bei der Oxidation von Glycerin der Fall:
Trennung eines Racemats
Möchte man ein Racemat trennen, bildet man zunächst aus dem Racemat und einem D-Alkohol Ester. Diese sind nicht mehr enantiomer sondern diastereomer (d.h. Stereoisomere, die nicht Spiegelbildisomere sind); dadurch sind sie durch Destillation voneinander trennbar. Den Ester kann man spalten und durch erneute Destillation ebenfalls trennen.
Verbindungen mit mehreren Asymmetriezentren
Besitzt ein Molekül mehr als ein Asymmetriezentrum nimmt die Zahl der Stereoisomere im Verhältnis 2n zu. Dabei ist n die Anzahl der Zentren. Das unterste Chiralitätszentrum bestimmt dabei den Namen des Moleküls.
Nimmt man zum Beispiel die organische Verbindung 2,3-Dichlorpetan, liegt ein Molekül mit zwei Asymmetriezentren am zweiten und dritten Kohlenstoffatom vor. Es besitzt damit vier Stereoisomere, die wie folgt aussehen:
Ein weiterer besonderer Fall tritt bei der Weinsäure (2,3-Dihydroxybutandisäure) auf:
Die ersten zwei Moleküle bezeichnet man als meso-Weinsäure, da sie identische Formen sind; sie sind durch eine 180°-Drehung ineinander überführbar, weil sie eine Spiegelebene besitzt; sie sind optisch inaktiv. Da dies innerhalb des Moleküls geschieht, spricht man von einer intramolekularen Kompensation.
Kohlenhydrate
Definition
Im 19. Jahrhundert führten die ersten Analysen der Kohlenhydrate zu der Summenformel Cn(H2O)m. Daher kommt der Begriff Kohlen(stoff)hydrat.
Heute bezeichnet man damit eine weit verbreitete Gruppe von Naturstoffen, die bei allen Organismen als Bau-, Reserve- und Betriebsstoffe auftreten. Sie enthalten die Elemente Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff (einige auch Stickstoff und Schwefel, z.B. Chitin). Als Endung ist häufig „-ose“ anzutreffen.
Man unterscheidet zwischen
- Monosacchariden, Einfachzuckern, die die Monomere darstellen,
- Disacchariden, Zweifachzuckern, die unter Wasserabspaltung aus zwei Monomeren verknüpft werden,
- Polysacchariden, Vielfachzuckern, die aus einer Vielzahl von Monomeren bestehen.
Glucose
Glucose, auch Traubenzucker genannt, ist eine Aldohexose. Sie löst sich in Wasser, jedoch nicht in Benzin, was auf hydrophile Gruppen hinweist. Zudem bildet sie mit Kupfersulfat (CuSO4) einen dunkelblauen Komplex, ein Zeichen für einen mehrwertigen Alkohol. Glucose besitzt folgende Strukturformel (in der Fischer-Projektion):
Die Ringstruktur der Glucose
Ein Glucosemolekül kann durch eine intramolekulare nukleophile Addition ein zyklisches Halbacetal bilden:
Diese Form wird in der Haworth-Formel dargestellt, um die Bindungslängen korrekt darzustellen. Dabei steht das alleinstehende Sauerstoffatom rechts oben, die weiteren Kohlenstoffatome werden im Uhrzeigersinn nummeriert. Zudem muss man die Unterscheidung der zwei Formen – die zueinander diastomer sind – α-D-(+)-Glucose ($[\alpha]_D^{20} = +\,112\,^\circ$) und β-D-(+)-Glucose ($[\alpha]_D^{20} = +\,19\,^\circ$) beachten:
Solche Isomere eines Saccharids, die sich nur durch die Konfiguration an demjenigen Kohlenstoffatom unterscheiden, das erst bei der Ringbildung zu einem Chiralitätszentrum wird, bezeichnet man als Anomere und das betreffende Atom als anomeres Kohlenstoffatom.
Da die Glucose eine heterozyklische Sechsringstruktur besitzt, spricht man von der Pyranoseform. Traubenzucker liegt in fester Form ausschließlich in der Ringform vor, in wässriger Lösung zu 99,9% in der Ringform und zu 0,1% in der offenkettigen Form mit Aldehydgruppe vor (Fehling- und Silberspiegelprobe positiv).
Die Mutarotation der Glucose
Misst man den Drehwinkel einer Glucose-Lösung sofort nach dem Hinzugeben und drei Stunden später, erhält man folgendes Ergebnis:
α-D-Glucose-Lösung | β-D-Glucose-Lösung | |
sofortige Messung | $[\alpha]_D^{20} = +\,112\,^\circ$ | $[\alpha]_D^{20} = +\,19\,^\circ$ |
Messung drei Stunden später | $[\alpha]_D^{20} = +\,52\,^\circ$ | $[\alpha]_D^{20} = +\,52\,^\circ$ |
In wässriger Lösung bildet sich über die offenkettige Form ein Gleichgewichtszustand mit 62% β-Glucose und 38% α-glucose aus, welcher den spezifischen Drehwinkel von +52° bedingt.
Es bildet sich mehr β-Glucose, da die β-Form stabiler ist als die α-Form, da die großen Hydroxidgruppen am anomeren und benachbarten Kohlenstoffatom den größtmöglichen Abstand besitzen und deshalb keine zusätzliche Ringspannung auftritt.
Fructose
Die Fructose, auch Fruchtzucker genannt, ist eine Ketohexose mit der Summenformel C6H12O6. Die Pyranoseform kommt in kristalliner Form sowie in wässrigen Lösungen außerhalb von Verbindungen vor:
Die β-D-Fructose besitzt einen spezifischen Drehwinkel von $[\alpha]_D^{20} = -\,133{,}5\,^\circ$ der Drehwinkel der α-D-Fructose ist nicht ermittelbar.
Furanoseform
Die Fructose bildet neben der Pyranose- auch die Furanoseform aus. Sie liegt jedoch nur in Verbindungen wie der Saccharose vor, bildet sich jedoch auch über eine nukleophile Addition zwischen der Carbonylgruppe und Hydroxygruppe des C5-Atoms:
Umlagerung in die Glucose
Die Fructose ist im schwach alkalischen Milieu in der Lage, sich in die Glucose umzulagern (und umgekehrt). Diese Umlagerung nennt man Keto-Endiol-Tautomerie. Die daran beteiligten Zucker sind sogenannte epimere Zucker.
Durch diese Umlagerung führen die Fehling- und Silberspiegelprobe zu einem positiven Ergebnis, da die entstandene Aldehydgruppe oxidiert wird und das Nachweisreagenz reduziert wird.
Maltose
Die Maltose ist ein Disaccharid und das Abbauprodukt der Stärke, das aus zwei Glucosemolekülen besteht. Diese sind über eine Sauerstoffbrücke verbunden, die durch die Reaktion zweier Hydroxygruppen entsteht. Man bezeichnet diese als glykosidische Bindung. Da sie zwischen dem C1-Atom mit der Hydroxygruppe in der α-Form und dem C4-Atom geknüpft wird, spricht man von einer α-1,4-glykosidischen Bindung.
Durch Mutarotation ist es möglich, dass sich der rechte Ringe öffnen kann, wodurch auch Moleküle in der offenkettigen Form vorliegen. Dadurch ist eine Aldehydgruppe vorhanden, die eine Fehling- oder Silberspiegelprobe positiv verlaufen lässt.
Cellobiose
Das Disaccharid Cellobiose erhält man, indem man Cellulose mit Säuren oder Laugen zerlegt. Sie besteht wie die Maltose aus zwei Glucosemolekülen, die am C1- und C4-Atom miteinander verknüpft sind. Das linke liegt jedoch in der β-Form vor, weshalb man die Bindung β-1,4-glykosidisch nennt.
Das das C1-Atom des rechten Glucosemoleküls nicht gebunden ist, kann es in die offenkettige Form übergehen; die Nachweisproben für Aldehyde verlaufen also positiv.
Saccharose
Die Saccharose ist ein Zweifachzucker bestehend aus α-D-Glucose und β-D-Fructose, die α,β-1,2-glycosidisch miteinander verbunden sind. Die Fructose liegt dabei in der Furanoseform vor. Da hier das Kohlenstoffatom, an dem die Carbonylgruppe hing, in der Bindung vorhanden ist, kann kein Ring geöffnet werden, weshalb die Silberspiegel- und Fehlingprobe negativ verlaufen.
Stärke
Amylose
Stärke, ein Polysaccarid, besteht aus zwei Formen. Eine ist die sogenannte Amylose, die aus 100-500 α-D-Glucosemolekülen, die α-1,4-glycosidisch verknüpft sind, bestehen und circa 20% Anteil hat. Sie bildet eine unverzweigte Kette, die sich aufgrund von Wasserstoffbrücken spiralig anordnen, wobei eine Windung aus sechs Glucoseeinheiten besteht.
In Wasser ist Amylose kollodial löslich. Zudem färbt sich Iod-Kaliumiodidlösung (braun) blau, da sich die Iod-Moleküle in die Spirale einlagern können. Dies erklärt den spezifischen Stärkenachweis durch Iod.
Amylopektin
Amylopektin hat einen Anteil von circa 80% und besteht aus mehr als 2000 α-D-Glucoseeinheiten. Es ist in Wasser unlöslich und bildet eine rot-violette Färbung mit Iod-Kaliumiodidlösung. Es ist ebenfalls α-1,4-glycosidisch verknüpft, bildet jedoch nach ungefähr 25 Einheiten eine zusätzliche α-1,6-glycosidische Bindung aus, wodurch eine verzweigte, strauchartige Struktur entsteht.
Cellulose
Cellulose ist die häufigste chemische Verbindung in Lebewesen.[1]Galvani Chemie Schülerbuch 11 S. 112 Sie ist Hauptbaustein der Zellwände grüner Pflanzen und besteht aus bis zu 20.000 β-D-Glucoseeinheiten, die β-1,4-glycosidisch verknüpft sind. Cellulose hat eine lineare Struktur. Mehrere solcher „Ketten“ bilden eine Fibrille, die sich wiederum zu einer Faser verdrillen, wodurch Stabilität, Reißfestigkeit und Wasserundurchlässigkeit gewährleistet werden.