- Säuren und Basen: Protolysegleichgewichte
- Definitionen
- Die Autoprotolyse von Wasser
- Der pH- und pOH-Wert
- Die Säure- und Basenkonstante
- Protolyse einer Säure in Wasser
- Protolyse einer Base in Wasser
- Zusammenhang von KS- und KB-Wert
- pH-Wert-Berechnung
- Starke Säuren und Basen
- Schwache Säuren und Basen
- Säure-Base-Titration
- Prinzip der Säure-Base-Titration
- Beispiel einer Säure-Base-Titration
- Die Ermittlung der Konzentration
- Säure-Base-Titration mit einer schwachen Säure und einer starken Base
- pKS-Wert-Bestimmung durch Halbtitration
- Indikatoren
- Pufferlösungen
- Der pH-Wert einer Pufferlösung
- Die Pufferkapazität
- Puffersysteme
- Wirkungsweise der Puffer am Beispiel des Phosphat-Puffers
- Puffersysteme in der Natur
- Pufferwirkung des Bodens
- Biologische Puffersysteme
Säuren und Basen: Protolysegleichgewichte
Definitionen
1923 definierte der Physochemiker Johannes Nicolaus Brønsted eine Säure als ein Teilchen, dass mindestens ein Proton abspalten kann. Sie ist damit ein Protonendonator. Im Gegensatz dazu ist eine Base in der Lage, ein Proton aufzunehmen (Protonenakzeptor). Der Protonenübergang wird als Protolyse bezeichnet.
Ein Stoff, der sowohl Säure als auch Base sein kann, heißt Ampholyt. So zeigt Wasser ein amphoteres Verhalten: Es nimmt zum Beispiel bei der Reaktion mit Salpetersäure ein Proton auf (Base) und gibt eins bei der Reaktion mit Ammoniak ab (Säure).
Bei einer Säure-Base-Reaktion entstehen aus der Säure und Base die korrespondierenden Basen und Säuren. Ein korrespondierendes Säure-Base-Paar zeichnet sich nur durch ein weiteres Proton in der Säure aus. Ist die Säure bzw. Base stark, so ist das Produkt schwach basisch bzw. sauer und umgekehrt.
Die Autoprotolyse von Wasser
Absolut reines Wasser besitzt eine (sehr schwache) elektrische Leitfähigkeit. Dies ist auf die Autoprotolyse zurückzuführen:
Für das Massenwirkungsgesetz erhält dem entsprechend folgende Gleichung:
Da die Autoprotolyse in nur sehr geringem Maße stattfindet (lediglich ein Oxonium- und Hydroxidion bei 500 Millionen Wasser-Molekülen), kann man die Wasserkonzentrationen als konstant betrachten:
Dabei ist $K_W$ das Ionenprodukt von Wasser. Es hat bei einer Temperatur von 25 °C einen Wert von 10-14 mol²/l²; mit steigender Temperatur wird $K_W$ größer. Das Ionenprodukt gilt für reines Wasser und für verdünnte Säuren und Laugen.
Für reines Wasser gilt weiterhin, dass gleich viele Hydroxyd- und Oxoniumionen vorliegen. Mithilfe des Ionenprodukts kann man die Konzentration der Ionen ermitteln:
Der pH- und pOH-Wert
Der pH-Wert gibt an, wie groß eine Oxoniumkonzentration ist; er ist der negative dekadische Logarithmus der Konzentration im Gleichgewicht ohne eine Angabe der Einheit:
Ist der pH-Wert gegeben, kann man von diesem auf die Oxoniumkonzentration schließen:
Analog dazu funktioniert der pOH-Wert, der die Hydroxidionenkonzentration angibt: Er ist damit der negative dekadische Logarithmus der Konzentration ohne eine Angabe der Einheit.
Auch vom pOH-Wert lässt sich auf die Hydroxidionenkonzentration schließen:
Die Summe des pH- und des pOH-Wertes einer Lösung ist immer 14.
Die Säure- und Basenkonstante
Protolyse einer Säure in Wasser
Lässt man eine Säure H–R mit Wasser reagieren, um die Stärke mit anderen Säuren zu vergleichen, erhält man folgende Gleichgewichtsreaktion:
Das Massenwirkungsgesetz sieht damit wie folgt aus:
Da man bei verdünnten Lösungen die Konzentration von Wasser als konstant ansehen kann (siehe oben), erhält man als Gleichung:
Dabei ist die Konstante $K_S$ die Säurekonstante. Sie ist unabhängig von der Säurekonzentration und für jede Säure eine Kenneigenschaft. Je größer der Zahlwert ist, desto stärker ist die Säure und desto weiter liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Produkte.
Zur einfacheren Handhabung gibt es den $\mathrm{p}K_S$-Wert, der der negative dekadische Logarithmus der Säurekonstante ist: Je kleiner er ist, desto stärker ist die Säure:
Protolyse einer Base in Wasser
Die Regeln der Säure lassen sich auf die Protolyse einer Base in Wasser analog anwenden: Der $K_B$-Wert ist unabhängig von der Basenkonzentration und eine Kenneigenschaft einer jeden Base. Je größer er ist und je kleiner damit der $\mathrm{p}K_B$-Wert ist, desto stärker ist die Base:
Zusammenhang von KS- und KB-Wert
Für korrespondierende Säure-Base-Paare gilt, dass das Produkt aus den Konstanten $K_S$ und $K_B$ stets 10–14 mol2/l2 und die Summe aus $\mathrm{p}K_S$- und $\mathrm{p}K_B$-Wert stets 14 ergibt:
Daraus kann man folgern, dass eine starke Säure bzw. Base eine schwache korrespondierende Base bzw. Säure hat (und umgekehrt).
pH-Wert-Berechnung
Starke Säuren und Basen
Säuren und Basen gelten als stark, wenn ihr pKS- bzw. pKB-Wert kleiner gleich 3,5 ist. Bei ihnen reagieren alle Teilchen mit Wasser; man kann daher davon ausgehen, dass die Gleichgewichtskonzentration der Oxoniumionen bzw. der Hydroxidionen gleich der Anfangskonzentration der Säure bzw. Base ist:
Schwache Säuren und Basen
Bei schwachen Säuren und Basen (also solchen, bei denen der pKS- bzw. pKB-Wert größer als 3,5 ist) liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Edukte. Näherungsweise kann man die Konzentration der Oxoniumionen durch folgende Formel ausrechnen:
Analog verhält es sich bei schwachen Basen:
Säure-Base-Titration
Prinzip der Säure-Base-Titration
Möchte man die Konzentration an Oxoniumionen in einer Lösung bestimmen, kann hierfür die Säure-Base-Titration, eine Neutralisationsreaktion, verwendet werden. Dazu nimmt man eine Lauge mit einer bekannten Hydroxidionenkonzentration. Diese wird als Maßlösung bezeichnet. Sie wird einer Säurelösung, die ein bestimmtes Volumen hat (Probe), zugegeben, bis die Lösung neutralisiert ist.
Den Punkt, an dem die zu untersuchende Lösung neutral ist, nennt man Äquivalenzpunkt. Er fällt bei einer Titration von einer starken Säure mit einer starken Base genau mit dem Neutralpunkt zusammen.
Beispiel einer Säure-Base-Titration
Titriert man 50 ml Salzsäure unbekannter Konzentration mit Natronlauge, die eine Konzentration von 1 mol/l-1 hat, und misst man den pH-Wert, erhält man ungefähr folgendes Ergebnis:
Man kann erkennen, dass der Äquivalenzpunkt bei ungefähr 9 ml liegt. Er fällt mit dem Neutralpunkt zusammen, da es sich bei der Salzsäure um eine starke Säure und bei der Natronlauge um eine starke Base handelt[2]Siehe hierzu auch die Übersicht über einzelne Säure- und Basenkonstanten im Lexikonbereich..
Die Ermittlung der Konzentration
Um anschließend die Konzentration bestimmten zu können, geht man in vier Schritten vor:
- Zunächst stellt man die Gleichgewichtsreaktion auf:
$$ \mathrm{ HCl \,+\, NaOH \; \rightleftharpoons \; NaCl \,+\, H_2O } $$
- Anschließend berechnet man die Stoffmenge des Teilchens mit der gegebenen Konzentration:
$$ n(\mathrm{NaOH}) \:=\: c(\mathrm{NaOH}) \,\cdot\, V(\mathrm{NaOH}) \:=\: 1\,\mathrm{\frac{mol}{l}} \,\cdot\, 9 \cdot 10^{-3} \,\mathrm{l} \: = \: 9 \cdot 10^{-3} \,\mathrm{mol} $$
- Danach kann man mithilfe des Verhältnisses, das sich aus den Koeffizienten der
Gleichgewichtsreaktion ergibt, die gesuchte Stoffmenge berechnen:
$$ n(\mathrm{HCl}) \,:\, n(\mathrm{NaOH}) \:=\: 1 \,:\, 1 \;\;\Rightarrow\;\; n(\mathrm{HCl}) \:=\: \frac{1}{1} \,\cdot\, n(\mathrm{NaOH}) \: = \: 9 \,\cdot\, 10^{-3} \,\mathrm{mol} $$
- Zuletzt kann man dann über die allgemeine Formel der Konzentration diese ermitteln:
$$ c(\mathrm{HCl}) \:=\: \frac{n(\mathrm{HCl})}{V(\mathrm{HCl})} \:=\: \frac{9 \,\cdot\, 10^{-3} \, \mathrm{mol}}{50 \cdot 10^{-3} \,\mathrm{l}} \:=\: 0,18\,\mathrm{\frac{mol}{l}} $$
Säure-Base-Titration mit einer schwachen Säure und einer starken Base
Lässt man 10 ml Ethansäure der Konzentration 1 mol · l-1 mit Natronlauge der gleichen Konzentration reagieren, erhält man dieses Ergebnis:
Wie man erkennen kann, liegt jetzt der Äquivalenzpunkt im alkalischen Bereich, da Ethansäure als schwache Säure mit der starken Base Natronlauge titriert wird. Dies liegt an der stattfindenden Folgereaktion, durch die Oxoniumionen gebildet werden, die den pH-Wert in den alkalischen Bereich heben:
pKS-Wert-Bestimmung durch Halbtitration
Den $\mathrm{p}K_S$-Wert einer Säure kann man durch eine Halbtitration bestimmen. Dies soll am Beispiel der Ethansäure gezeigt werden.
Zunächst neutralisiert man eine bestimmte Menge an Essigsäure mit Natronlauge und bestimmt den Verbrauch der Lauge:
Danach gibt man zur gleichen Meng Essigsäure die halbe Menge an Natronlauge. Misst man den pH-Wert, bekommt man als Ergebnis pH = 4,75. Betrachtet man die Protolysereaktion von Wasser und das Massenwirkungsgesetz, erhält man folgendes Ergebnis:
Da nach der Halbtitration die gleiche Menge an Ethansäure und Ethanoat vorliegt, kürzen sich die Konzentrationen dieser beiden Werte aus der Gleichung: der gemessene pH-Wert entspricht dem pKS-Wert der Säure. Ethansäure hat damit einen pKS = 4,75:
Indikatoren
pH-Indikatoren sind organische Feststoffe, deren Moleküle Protonen aufnehmen oder abgeben können. Dabei erfolgt eine Farbänderung. In einer wässrigen Lösung bildet sich also ein Gleichgewicht von der Indikatorsäure H-Ind und Wasser sowie von der Indikatorbase Ind– aus:
Gibt man Oxoniumionen in die Lösung hinzu, verschiebt sich das Gleichgewicht nach dem Prinzip von Le Chatelier nach links, wodurch die Farbe der Lösung durch die Farbe der Indikatorsäure bestimmt wird. Entsprechend verhält es sich bei einer Zugabe von Hydroxidionen: Das Gleichgewicht liegt weiter rechts, da eine Neutralisationsreaktion die Oxoniumionen entfernt, wodurch die Indikatorbase die Lösungsfarbe bestimmt.
Im Umschlagspunkt gilt, dass die Konzentration der Indikatorsäure und der Indikatorbase gleich groß ist:
Daraus folgt, dass an dieser Stelle der pH-Wert gleich dem pKS-Wert ist. Der Umschlagpunkt des Indikators sollte dabei etwa mit dem pH-Wert des Äquivalenzpunktes übereinstimmen, um so aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Damit eignen sich folgende Indikatoren:
Indikator | Umschlagpunkt bei pH | Farbe | ||
Sauren | Äquivalenzpunkt | Alkalischen | ||
Bromthymolblau | 7 | gelb | grün | blau |
Lackmus | 7 | rot | violett | blau |
Phenolphtalein | 9 | farblos | rosa | rot |
Methylorange | 4 | rot | orange | gelb |
Pufferlösungen
Pufferlösungen (auch Puffersysteme genannt) gewährleisten, dass bei Zugabe einer Säure oder Lauge der pH-Wert der Lösung kaum verändert wird. Sie bestehen meist aus einer mittelstarken Säure und ihrer korrespondierenden Base.
Der pH-Wert einer Pufferlösung
Puffersysteme arbeiten in unterschiedlichen pH-Bereichen. Diese lassen sich aus dem Massenwirkungsgesetz ableiten:
Durch Umformen dieser Formel erhält man die Puffergleichung, die auch unter der Bezeichnung Henderson-Hesselbach-Gleichung bekannt ist:
Bei einem Puffersystem, das äquimolar aufgebaut ist, d.h. bei dem die Stoffmengen gleich groß sind, liegt der pH-Wert der Lösung genau beim pKS-Wert der Säure, da sich der Term durch Gleichsetzen der Konzentrationen stark vereinfacht:
Die Pufferkapazität
Die Kapazität eines Puffers hängt von der Konzentration der enthaltenen Säuren und den korrespondierenden Basen ab. Meist wird der Bereich ± 1 um den äquimolaren Zustand abgedeckt. Wird mehr Säure bzw. Lauge hinzugegeben ist die Pufferkapazität erschöpft.
Puffersysteme
Folgende Puffer können bei den gegebenen Bereichen verwendet werden[3]Galvani Chemie Schülerbuch, S. 70:
Puffer | Kurzschreibweise | Puffer-Bereich |
Ammonium-Ammoniak-Puffer | (NH4+/NH3) | 9 – 10 |
Dihydrogenphosphat-Hydrogenphosphat-Puffer | (H2PO4–/HPO42–) | 7 – 8 |
Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffer | (H2CO3/HCO3–) | 6 – 7 |
Essigsäure-Acetat-Puffer | (CH3COOH/ |
4 – 5 |
Wirkungsweise der Puffer am Beispiel des Phosphat-Puffers
Gibt man zu einer Lösung mit dem Dihydrogenphosphat-Hydrogenphosphat-Puffer eine Säure reagiert die Base (Hydrogenphosphat) mit den Oxoniumionen zu der korrespondierenden Säure (Dihydrogenphosphat) und Wasser:
Gibt man dagegen eine Base zur Lösung, so reagiert die Säure (Dihydrogenphosphat) mit den Hydroxidionen zur Base (Hydrogenphosphat) und zu Wasser:
Man kann also erkennen, dass man unabhängig von der Hinzugabe von Säure oder Lauge immer eine Neutralisationsreaktion zu Wasser erhält. Sind natürlich alle Moleküle „verbraucht“, kann keine Neutralisierung mehr stattfinden; die Pufferkapazität ist dann erreicht.
Puffersysteme in der Natur
Pufferwirkung des Bodens
Viele Böden besitzen Puffersysteme. Dabei bieten Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Puffer, die in kalkreichen Böden vorkommen, effektiven Schutz, während zum Beispiel Silicatböden keinen bzw. kaum Pufferlösungen besitzen. Das große Waldsterben in den 1980er Jahren war eine Folge einer Überlastung der Puffersysteme durch den Schadstoffaustausch des Menschen.
Biologische Puffersysteme
Das Leben auf der Erde basiert größtenteils auf der Funktionsweise von Enzymen, die jedoch bei ungünstigen Verhältnissen denaturieren. Im Blut gibt es daher mehrere Puffersysteme, die den pH-Wert bei konstant 7,4 erhalten, da bereits eine Veränderung dieses Wertes von mehr als 0,05 zum Tod führt.