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„Volk“ und „Nation“ als Identifikationsmuster

„Volk“ als Konstrukt eines Geschichtsbildes: Der Hermann-Mythos

Die Varusschlacht

Der römische Schriftsteller Tacitus schilderte die römische Sicht der Varusschlacht (auch als Hermannsschlacht oder Schlacht im Teutoburger Wald bezeichnet) in seinem Werk „Germania“ (98 n. Chr.). Demnach verlor der römische Feldherr Publius Quinctilius Varus gegen den Cherusker-Fürsten Arminius im Jahre 9 n. Chr. durch Hinterhalte der Germanen mehrere Legionen.

Rom und Germanen

Die Bedeutung dieses Ereignisses lässt sich aber erst durch die Betrachtung der Umstände erschließen. Gaius Iulius Caesar überquerte während seiner Gallien-Kampagne in den Jahren 55 und 53 v. Chr. den Rhein, um so die militärische Stärke Roms zu zeigen.

Augustus (31 v. Chr. bis 14 n. Chr. Kaiser Roms) verfolgte eine offensive Politik, nachdem das römische Gebiet wiederholt von Germanen bedroht worden war. Während seiner Herrschaft und unter seinem Nachfolger Tiberius (14-37) wurde versucht, das römische Herrschaftsgebiet vom Rhein bis an die Elbe auszudehnen. Nach mehreren Niederlagen verlegte schließlich Domitian (81-96) die Grenze wieder zurück.

Arminius

Arminius war zwar Cherusker, erwarb aber aufgrund militärischer Verdienste im römischen Heer Bürgerrechte und den Rang eines Ritters. Die römische Expansionspolitik, der Unmut unter den germanischen Stämmen aufgrund der Romanisierungsprozesse sowie vor allem des Verhaltes des Varus und Machtkämpfe innerhalb der Cherusker bewegten Arminius dazu, für die germanischen Stämme zu kämpfen.

Der mit der römischen Kriegsführung vertraute Arminius gründete eine antirömische Koalition. Durch einen Hinterhalt konnte die Schlacht im Teutoburger Wald gewonnen werden, was jedoch der Beginn zahlreicher Kämpfe war. Nach dem Rückzug der Römer und der Vertreibung seines Konkurrenten Marbod strebte Arminius den Königstitel an, weshalb er 21 n. Chr. von seinen eigenen Verwandten umgebracht wurde.

Entstehung des Hermann-Mythos

Während es im Mittelalter keine Rezeption von Arminius gab, wurde die Geschichte mit Beginn der Renaissance und dem Humanismus wiederentdeckt. Durch Conrad Celtis (1459-1509) und Jakob Wimpfeling (1450-1528) wurde sie auch weiterverbreitet. Das sich dadurch entwickelnde Nationalbewusstsein äußerte sich in erster Linie im Gedanken einer „nationalen Tradition“, die so alt wie die italienische sein sollte.

Durch den Ritter Ulrich von Hutten (1488-1523) wurde der Hermann-Mythos begründet; dadurch ihn entwickelte sich ein „Anti-Rom-Denken“. So sahen einige Arminius als Vorläufer der Auseinandersetzung zwischen Martin Luther und der Kurie. Zu dieser Zeit wandelte sich auch der Name Arminius langsam zu Hermann, wodurch das Bild der alten deutschen Wurzeln verdeutlicht werden sollte.

Die Hermann-Geschichte fand auch Verwendung, um bestimmte Interessen durchzusetzen. So ist das Werk „Die Hermannsschlacht“ von Heinrich von Kleist Ausdruck des Kampfes gegen den äußeren Feind Frankreich. So wurde die Erzählung schließlich auch zum Mythos, indem der Gedanke an ein freies Deutschland mit den Bestrebungen Hermanns verknüpft wurde.

Das Hermann-Denkmal

Bis zur Gründung des Deutschen Reiches in 1870/71 war Hermann ein Symbol für die erhoffte Bildung eines deutschen Nationalstaates. Nachdem dies erreicht war, diente er dazu, dieses neu gewonnene Nationalbewusstsein aufrechtzuerhalten. Dies zeigte sich auch in Form des Hermann-Denkmals, welches 1875 fertiggestellt wurde.

Letztlich war die Erhebung Arminius′ zu einem solchen Idol nur möglich, weil man die germanischen Stämme als direkte Vorfahren der Deutschen ansah. Dadurch wurde der Begriff des Volks zu einem Geschichtskonstrukt, das von einer unteilbaren und unveränderlichen Nation ausging.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Hermannsfigur verwendet, um damit die deutsche Bevölkerung zusammenzuhalten. Schließlich nutzte die NS-Diktatur den Hermann-Mythos für ihre Propaganda. Sie versuchte damit ihre Ansichten bezüglich des angeblich „reinen deutschen Blutes“ und ihres Rassenwahns zu untermauern. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und durch die Demokratisierung verloren der Hermann-Mythos und das Denkmal letztlich an Bedeutung und hat primär Bedeutung in Wirtschaft und Tourismus.

Nationalismus und Nationalstaatsbildung in Europa

Begriffsbestimmung: Nationalismus

Während heute der Begriff des Nationalismus häufig in einem negativen Zusammenhang verwendet wird, zeichnet er sich im Grundsatz dadurch aus, dass die Nation bzw. der Nationalstaat die allgemeine Sinn- und Rechtfertigungsinstanz ist. Das Individuum kann sich dadurch einer staatlichen Gruppe zugehörig fühlen, wobei die „Kriterien“ der Zugehörigkeit unterschiedlich ausfallen können.

Merkmale des Nationalismus

Der Nationalismus weist drei Merkmale auf[1]S. 82, Forum Geschichte 12.: Die Nation ist entscheidender gesellschaftlicher Wert; sie soll selbstbestimmt handeln. Die Bedeutung der Nation wird dabei säkular definiert, wobei sie auch religionsersetzende Formen annehmen kann.

Dem Einzelnen kann durch den Nationalismus auch ein Sinn gegeben werden. Dadurch können positive Wirkungen eintreten, wie zum Beispiel ein verstärkter Zusammenhalt der Gemeinschaft. Tritt jedoch ein extremer Nationalismus mit einer Geringschätzung anderer Völker auf, kann dies überaus negative Folgen haben, wie Krieg und Diskriminierung angeblicher „Andersartiger“.

Französische Revolution

Bis 1789 wurde der Einzelne aufgrund seines Standes definiert. Mit der Französischen Revolution und dem damit verbundenen Aufstieg des Bürgertums änderte sich dies. Nach der Idee des souveränen Staates, wollte der ehemalige Dritte Stand ein Mitbestimmungsrecht haben: Er sah sich als die Nation. In den Kriegen bis 1814 versuchten die Soldaten – beseelt von einem Überlegenheitsgefühl – Europa mit dieser Idee verändern. Dadurch beschleunigte die Französische Revolution den Nationalismus als Gegenentwurf zur Ständegesellschaft.

Nationalbewusstsein in Deutschland

Grundlegend wird zwischen Staats- und Kulturnationen unterschieden. Nach dem Historiker Friedrich Meinecke (1908) basiert die Staatsnation auf der gemeinsamen politischen Geschichte und Verfassung. Dem gegenüber beruht die Kulturnation auf einem gemeinsam erlebten Kulturbesitz. Als klassische Beispiele gelten dabei Frankreich und Deutschland.

Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation wurde „Nation“ als Ausdruck der Kulturnation verstanden. So zeichnete sich „Deutschland“ durch seine gemeinsame Geschichte und vor allem durch seine gemeinsame Sprache aus. Dies zeigte sich exemplarisch im Bestreben von Johann Gottfried Herder und der Gebrüder Grimm, durch ihr Werk das deutsche Einheitsgefühl festzuhalten.

Dieser Gedanke der Kulturnation wandelte sich mit Beginn des 19. Jahrhunderts. Der stärker werdende politische Nationalismus versuchte eine Reform der Einzelstaaten einzuleiten, durch den die Bürger Mitbestimmungsrecht erhalten und eine sozialere Gleichheit gegenüber dem Adel errichtet werden sollten. In den Befreiungskriegen forderten die Patrioten zudem die Bildung einer einheitlichen Staatsnation, wie es sie bereits in England und Frankreich gab. Hierbei wurde bis 1870/71 an einer freiheitlichen Tendenz festgehalten („Einheit und Freiheit“).

Funktionswandel des Nationalismus

Ab 1860 wurden in Deutschland antiliberale Ideen immer wichtiger. Dieser als „extremer“, „radikale“ oder „integrale“ Nationalismus lehnte unter anderem den Freihandel ab und forderte einen Protektionismus. Er zeichnete sich durch eine Haltung aus, die mit der Parole „Du bist nichts, Dein Volk ist alles“ beschrieben werden kann. Es kam auch zu Gewalttätigkeiten gegenüber Personen, die eine andere Meinung vertraten. Auch in Frankreich kamen diese Ideen nach der Niederlagen gegen Deutschland 1870/71 auf, war dort aber nicht in der Mehrheit.

Nach der Reichsgründung 1870/71 war zwar der Wunsch nach einem Nationalstaat erreicht; dies war jedoch nicht wie erstrebt ein freiheitlicher, demokratischer Staaten, sondern ein autoritärer Obrigkeits- und Machtstaat. Der Nationalismus wandelte sich unter diesen Umständen dahingehend, dass der Einzelne der Macht und Autorität des Staates zustimmen und sich der Gemeinschaft unterordnen solle. Im Kaiserreich wurde diese Haltung verwendet, um die imperialistische Politik durchzusetzen.

Formen der Nationalstaatsbildung

In Europa bildeten sich die Nationalstaaten zu unterschiedlichen Zeiten und hatten dementsprechend auch verschiedene Hintergründe und Auslöser. Es lassen sich grundsätzlich drei Grundformen unterscheiden.

Zu der ersten Gruppe lassen sich die Nationen zählen, die durch moderne Revolutionen geprägt sind. Hierzu zählen in Europa England und Frankreich. Dort hat die Idee einer demokratischen Nation ihren Beginn mit der Glorreichen Revolution von 1688/89 sowie der Französischen Revolution. Hier existierten bereits Staaten; Staat und Nation fielen daher zusammen.

Daneben gibt es Nationalstaaten, die erst dadurch entstanden sind, indem Menschen, die die gleiche Kultur und Sprache teilten, zuvor existierende Teilstaaten zusammenschlossen. Diese Staatsbildung ist in Deutschland 1870/71 mit Gründung des Deutschen Reiches und in Italien zwischen 1859 und 1870 geschehen.

Als dritte Gruppe gibt es diejenigen Staaten, die sich aus zersetzenden Großstaaten und Vielvölkerstaaten gebildet haben. Dazu gehören insbesondere die Länder Ost- und Südosteuropas. So entstanden nach dem Ersten Weltkrieg aus Österreich-Ungarn zahlreiche Nationalstaaten.

Probleme der Nationalstaatsbildung am Beispiel der deutschen Einigung

Ausgangslage

Nach dem Sieg über Napoleon hofften viele auf die Gründung eines deutschen Nationalstaats. Stattdessen gliederte sich das ehemalige Heilige Römische Reich in 39 Gliedstaaten, die auf dem Wiener Kongress 1814/15 zusammen den Deutschen Bund gründeten. Vor allem die das politische Geschehen dominierende Preußen und Österreich sowie die anderen monarchischen Staaten regierten zudem absolutistisch.

Gesellschaftliche und wirtschaftliche Integration

Vor den Befreiungskriegen hatte nur ein kleiner Teil der gebildeten Schicht ein Nationalbewusstsein. Dies änderte sich mit den Befreiungskriegen. Mit dem Wandel zum politischen Nationalismus ging einher mit den Forderungen nach Freiheit und Mitbestimmung einher.

1832 kam es schließlich zum Hambacher Fest, bei dem nationale Einheit, Pressefreiheit und teils demokratische Strukturen gefordert wurden. Das Nationalbewusstsein wurde zusätzlich durch die Gründung des Deutschen Zollvereins (1834) verstärkt, durch den das wirtschaftliche Zusammenwachsen der einzelnen deutschen Staaten begann. Auch wurde dadurch die Marktwirtschaft begünstigt.

Nation und Sprache

Die Sprache wurde in Deutschland als Ausdruck der „Volksseele“ empfunden. Die Nation, die als „Schicksalsgemeinschaft“ definiert wurde, sollte dabei in ihrer räumlichen Ausdehnung von der Sprache geprägt sein. Man darf hierbei aber nicht vergessen, dass weder nur deutsch-sprachige Teile im deutschen Bund noch alle deutsch-sprachigen Staaten in diesem vertreten waren.

Revolution von 1848/49

Die Revolution von 1848/49 nahm die liberalen Forderungen auf; in der Frankfurter Nationalversammlung wurde eine Verfassung mit einem äußerst modernen Grundrechte-Katalog, einer konstitutionellen Monarchie sowie einer föderalen Struktur ausgearbeitet. Diese wurde am 28. März 1849 verkündet.

Nach einer zunehmenden Ablehnung gegenüber den liberalen Forderungen sowohl in Österreich als auch in Preußen lehnte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die angebotene Kaiserkrone ab; damit war das Streben nach einem liberalen Nationalstaat gescheitert.

Reichsgründung von 1870/71

Bei der Gründung des Deutschen Reiches spielten diese Ideen keine Rolle. Vielmehr wurde bei der Bismarck′schen Verfassung auf eine Machtkonzentration auf Preußen konzentriert. Zwar gab es auch hier eine föderale Struktur, im Gegensatz zu 1849 aber keine Grundrechte. Dadurch wurde das Deutsche Reich zu einem autoritären Macht- und Militärstaat.

Nach den Siegen über Dänemark, Österreich und Frankreich konnte auch eine kleindeutsche Lösung etabliert werden; Österreich war nicht mehr Teil Deutschlands. Nach innen sicherte Bismarck die Einigung durch einen Reichsnationalismus ab, der sich auch durch einen Argwohn gegenüber Minderheiten und anderen die Einheit „gefährdenden“ Gruppen definierte. Ziel war es, Deutschland durch eine geschlossene Gesellschaft zu einer Weltmacht aufsteigen zu lassen.

Ausgrenzung von Reichsfeinden

Bismarck führte mit der katholischen Kirche einen „Kulturkampf“, um so diese von einer politischen Beeinflussung abzuhalten. 1879/80 wurde er beendet; die Kirchengesetze wurden gelockert, der „Kanzelparagraph“ und Zivilehe blieben aber weiterhin bestehen.

Auch in den Sozialisten sah Bismarck eine Gefahr. Durch die „Sozialistengesetze“ sollten sie gestoppt werden; 1890 wurden sie aber dennoch zur stärksten Partei. Letztlich erfolgte ebenso eine Diskriminierung von nationalen Minderheiten und Juden – trotz rechtlicher Gleichstellung in der Verfassung. Der Antisemitismus war bereits zuvor vorhanden, fand jedoch um die Jahrhundertwende herum aber in allen Bevölkerungsschichten zunehmend Zuspruch.

Funktion und Wirkung nationaler Selbst- und Fremdbilder: das deutsch-französische Verhältnis

Deutsch-französische Erbfeindschaft

Militärische Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich gab es immer wieder. Diese waren aber Angelegenheiten der am Krieg unmittelbar Beteiligten. Dies änderte sich mit dem Aufkommen und Erstarken des Nationalismus. Zunehmend reagierte die Nation in ihrer Gesamtheit auf Krieg emotional.

Mit den napoleonischen Kriegen begann die Ideologie der deutsch-französischen Erbfeindschaft. Diese zeichnete sich durch den Glauben aus, dass Deutschland und Frankreich über Jahrhunderte hinweg voller Angst und Rivalität voreinander gelebt haben. Mit dem Krieg von 1870/71 und damit verbundenen Reparationsforderungen verstärkte sich der Gedanke der Erbfeindschaft: Frankreich wollte eine „Revanche“, Deutschland entwickelte Überheblichkeitsgefühle.

Rheinkrise und Nationalismus

1840 einigten sich England, Österreich, Preußen und Russland auf die Aufrechterhaltung der Lage im Orient. Dadurch wurde Frankreich politisch isoliert. Dies führte zu Unmut in der französischen Bevölkerung. Die Regierung versuchte mit einer aggressiveren Politik, die zum Beispiel den Rhein als natürliche Grenze forderte, diesen Unmut zu beruhigen.

Dennoch kam es öffentlich zu Kriegsforderungen. Durch zusätzliche Truppenbewegungen wurde die deutsche Bevölkerung aufgewühlt. Viele sahen den Rhein als deutsch an. Dies führte zur Rheinlied-Bewegung, die Deutschland (und „ihren“ Rhein) verteidigen wollten.

Schließlich wurde die französische Regierung vom König ausgetauscht. Dadurch beruhigte sich die Lage wieder. Die Rheinkrise zeigt aber eindrucksvoll, dass nun nicht mehr nur die Elite Krieg führt, sondern dass vielmehr durch den Nationalismus die breite Bevölkerung Ressentiments entwickelt und feindlich gegenüber ein anderes Volk eingestellt ist.

Der erste Weltkrieg

Der Ausbruch des ersten Weltkriegs wurde als Überlebenskampf angesehen. Die eigene Nation müsse unbedingt zusammenhalten, um die Bedrohung von außen überstehen zu können. Durch die Kriegspropaganda wurde dieser Gedanke immer weitergetrieben. Dies führte dazu, dass Deutsche und Franzosen das jeweils andere Volk verabscheuten: Frankreich müsse sich vor deutschen „Barbaren“ schützen, Deutschland seine Kultur verteidigen, so die allgemeine Auffassung auf jeder Seite.

Die deutsche Bildungselite stellte beim Kampf der deutschen Kultur gegen die französische Zivilisation die „Ideen von 1914“. Sie sollten den deutschen Sonderweg in die Moderne gegen den Einfluss von außen verteidigen. Sie standen für eine Abkehr von Aufklärung und Liberalismus.

Die Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs

Aufgrund der Auflagen des Versailler Vertrags entwickelten sich nun Revanchegefühle auf der Seite Deutschlands. Ab Mitte der 1920er-Jahre versuchten sich die zwei Nationen anzunähern; mehr Menschen wollten eine friedliche Koexistenz. Auch versuchte man Anfang der 1930er-Jahre durch eine objektive Betrachtung der Geschehnisse des ersten Weltkriegs und durch Austausch der Kultur in den Schulen die Ressentiments allmählich abbauen.

Dies änderte sich selbstverständlich mit Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im Frühjahr 1940 eroberte Deutschland Frankreich. Durch die Besatzung und durch die damit verbundene Ausbeutung und Misshandlung der französischen Bevölkerung wurden die Hassgefühle zwischen den Nationen neu entfacht.

Anfänge der europäischen Integration und die deutsch-französische Aussöhnung

Geschichte der Europaideen

Bereits im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit gab es Ideen, wie sich die Staaten in Europa annähern könnten. Aber erst im 20. Jahrhundert formten sich konkrete Überlegungen. Sie zielten vor allem auf eine Friedenssicherung ab. So strebte der französische Außenminister Aristide Briand (1862-1932) eine europäische Föderation an; dies wäre eine Vorform des Europarats und der EWG gewesen.

Im zweiten Weltkrieg strebten auch einige Gruppen eine überstaatliche Ordnung an. Sie würde dazu dienen, sich vor den USA und der UdSSR zu schützen; aber auch um Deutschland zu kontrollieren.

Europäische Integration nach 1945

Mit Ende des zweiten Weltkriegs erstarkte die Europa-Bewegung, die sich für die Einigung Europas einsetzte, um so Wohlstand und Frieden zu fördern. Sie sollte aber auch der Bedrohung durch den Ostblock ein Gegengewicht bieten.

1946 forderte Winston Churchill die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa – ohne Großbritannien. 1949 wurde schließlich der Europarat gegründet. 1951 folgte zur wirtschaftlichen Integration die Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EGKS) zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und den BeNeLux-Staaten. 1957 entwickelten diese Länder die „Römischen Verträge“. Sie schufen die Euratom (Europäische Atomgemeinschaft) und die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft). 1967 wurden aus diesen drei Institutionen die EG (Europäische Gemeinschaft).

Deutsch-französische-Aussöhnung nach 1945

Aufgrund der Verschärfung des Ost-West-Konflikts im Jahre 1947 und des Drucks durch die USA gab Frankreich den Wunsch einer Schwächung Deutschlands auf. Vielmehr suchte man die Kooperation. 1962 wurde der Elysee-Vertrag („Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit“) geschlossen.

Nach dem Mauerfall war man sich auf französischer Seite nicht sicher, ob ein wiedervereinigtes Deutschland für die Sicherheit Europas eine Gefährdung darstelle. Durch die Zusage einer Westintegration, die auch die Einführung einer gemeinsamen Währung vorsah, wurden diese Bedenken jedoch ausgeräumt.

Schließlich wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1992 die EU (Europäische Union) gegründet. Sie entwickelte sich aus einer Reform der EG und besitzt eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie eine Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZBJI). Am 1. Januar 1999 wurde die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) gegründet und der Euro eingeführt.

Deutschland und Frankreich waren dabei häufig der „Motor“ der europäischen Einigung. Zwischen beiden Staaten herrscht nun seit über 70 Jahren Frieden und ein starker politischer, kultureller und gesellschaftlicher Austausch. Das Auswärtige Amt spricht bei dieser Beziehung von einem deutsch-französischem Sonderverhältnis.

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