Die Kurzgeschichte
Die Kurzgeschichte ist ein Text, der sehr kurz ist, so dass man ihn in einem Stück lesen kann. Sie ist anspruchsvoll, da es bei diesen Geschichten auf die Phantasie-Leistung des Lesers ankommt. Die Handlung dient meist nur als Hintergrund.
Die Texte weisen bestimmte Charakteristika auf, die aber nicht vollständig in jeder Kurzgeschichte vorzufinden sind.
Aufbau
Der Aufbau einer Kurzgeschichte zeigt einen chronologisch-linearen Verlauf. Die Aussage ist immer knapp und gedrängt. Höhepunkt, Wendepunkt und Schluss fallen oft zusammen.
Beginn
Eine Kurzgeschichte besitzt keine Einleitung, die die W-Fragen (Wer? Wo? Wann? Was?) klärt. Dies wird im folgenden Verlauf nachgeholt und muss zwischen den Zeilen erschlossen werden. So wird Spannung erzeugt, der Leser wird an den Text gefesselt und wird zum aufmerksamen, intensiven und ggf. wiederholten Lesen gezwungen.
Schluss
Die Handlung bricht ab und die Geschichte endet oft ohne einen Abschluss. Dies kann ein offener Schluss sein ohne einen Hinweis auf den Ausgang; es kann auch ein halb offener Schluss sein, bei dem es Hinweise auf einen wahrscheinlichen, aber nicht erzählten Ausgang gibt.
Auf diese Weise muss sich der Leser selbst Gedanken machen, welche Folgen das Geschehen haben kann. Man wird gezwungen, am Text „mitzuarbeiten“ und das Ereignis und die möglichen Folgen zu bewerten.
Handlung
Sie ist nicht außergewöhnlich, sondern eher eine alltägliche Situation, die aber einen inneren oder äußeren Konflikt und einen wichtigen Einschnitt, oft sogar eine Wende im Leben des/der Beteiligten beinhaltet, wenn danach die Lebensumstände nicht mehr so sind wie zuvor.
Charaktere
Es treten nur wenige Personen oder oft nur eine Person auf, die ebenfalls durchschnittliche Menschen sind. Ihr Charakter wird dabei durch die Geschichte nur skizziert und oft nur auf einen bestimmten Charakterzug reduziert.
Man kann es folgendermaßen ausdrücken: Ein Roman liefert ein Gemälde einer Person und die Kurzgeschichte lediglich eine Skizze. Dies hat zur Folge, dass der Charakter aus der Handlung und dem Verhalten erschlossen werden muss.
Zeitverhältnisse und Schauplätze
Die Handlung findet in einem relativ kurzen Zeitraum statt, da die Geschichte in einem Zug lesbar sein soll (amerik. Faustregel: 1000 Wörter). Die erzählte Zeit deckt sich oft nahezu mit der Erzählzeit, Vor- und Rückblenden sind selten.
Es kommen auch nur wenige Schauplätze vor, die zudem nicht detailliert beschrieben werden.
Erzählperspektive
Die Erzählperspektive ist häufig der Ich-Erzähler, wobei der Leser ein eingeschränktes Wissen hat. Er erfährt oft nicht mehr oder weniger als der Erzähler zum Zeitpunkt des Geschehens weiß.
Er erzählt wie aus einem Bewusstseinszentrum einer oder mehrerer Personen oder er verhält sich wie ein neutraler Beobachter ohne Offenlegung der Gefühle oder Gedanken anderer, indem er nur äußere Vorgänge schildert. Dies führt dazu, dass der Leser den Text konzentriert lesen muss dabei aktiv mitzudenken.
Sprache
Die Sprache ist meist schlicht, aber relativ sachlich mit Ähnlichkeit zu einem Bericht. Wenn poetische Gestaltungsmittel auftreten, so sind sie von besonderer Bedeutung und aussagekräftig. Wortwahl und Satzbau können stark variieren, neigen aber auch zur Schlichtheit. Die Analyse dieser beiden Bereiche liefert wichtige Hinweise für das Textverständnis.